Wenn mentale Stärke sichtbar wird
- 14. Sept. 2020
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Okt. 2020

Griaß enk
Unter den Tennisspielern herrscht der mehrheitliche Konsens, das bei einem engen Spiel, der Kopf entscheidet. Für mich so richtig sichtbar wurde das im Finale der US-Open - Dominic Thiem gegen Alexander Zverev. Thiem ist als Favorit in dieses Finale gestartet, da er alle Spiele zuvor sensationell gespielt und gewonnen hat. Zverev kam, für seine Verhältnisse, mit eher bescheidenem Spiel in dieses Finale. Soweit zur Ausgangssituation. Die größte Waffe für Zverev ist sein 1. Aufschlag, der vom Gegner nur sehr schwer zu lesen ist und teilweise mit über 200 km/h gespielt wird.
Das Spiel beginnt und Thiem verliert den ersten Satz mit 6:2 und ist im 2. Satz einen Rückstand von 1:4 zurück – und das nach ca. 54 min. Als ich das sah, dachte ich bei mir – „nicht schon wieder ein Finale von Thiem, das er verliert“ – Das war nur meine Wahrnehmung. Versetzen wir uns in die Lage – soweit das möglich ist – von Thiem. Du bist Favorit und der Gegner schießt dich mit seinen Aufschlägen und dadurch gewonnenen Ruhe förmlich vom Platz. Wenn Thiem nicht auch Mental trainiert hätte, hätten Ihn wohl Gedanken wie „…der schlägt so gut auf, was soll ich machen..“ in eine Opfer rolle gebracht, in der er das Match nach 3 Sätzen verloren hätte und auch schon die einfache und offensichtliche Analyse für seine Niederlage mitliefert. Stattdessen besinnet er sich seiner Stärken und verändert immer wieder seine Positionen, bis er es wirklich schafft, Antworten auf die genialen Aufschläge von Zverev zu finden. Wie oft kommt es in unserem Leben vor, dass wir uns vermeintlich unlösbaren Herausforderungen stellen müssen und anstatt diese anzunehmen, diese zb. Angst vor dem Versagen nicht wirklich angehen, in die Opferrolle schlüpfen und die Geschichte so oft erzählen, dass wir genug Leute finden, die uns zu stimmen, dass das „sowie so nicht gegangen wäre“… Es kann sein, dass der angedachte Weg nicht die Lösung gebracht hätte, aber seine Position, seine Wahrnehmung zu verändern, kann einen neuen Weg sichtbar machen.
Ein weiteres Merkmal für Thiems Mentaler Stärke ist, dass er diese in sich selbst gefunden und sichtbar werden ließ. Das Arthur Ashe Stadion bietet Platz für über 20.000 Zuschauer und jedes Finale war bis dato ausverkauft. Und als Spieler kannst du diese Energie für dich nützen und pushen. Dieses Finale wurde ohne Fans gespielt! Keine Energie von außen, oder eine Motivationswelle auf der du als Spieler mitschwimmen kannst und dadurch Kräfte freiwerden, von denen du nicht einmal geahnt hast, dass du diese besitzt. Das musste er alles in sich selbst aktivieren! Er konnte Satz 3 und 4 für sich entscheiden und im 5. Entscheidenden Satz war er auch wieder 0:2 hinten und holte sich im Tie-Break den Titel, obwohl er zum Ende vom 5 Satz Probleme im Oberschenkel hatte und nicht mehr Rund gehen konnte. Er ist damit der erste Sieger der US-Open, der nach einem 0:2 Satzrückstand noch gewonnen hat.
Einen Gegner, der am Anfang an dem Tag zu übermächtig schien, sich ins Match zurück kämpfen und am Ende nach 4 h noch mit Körperlichen schmerzen zu konfrontieren und bei den letzten Ballwechsel volle Verantwortung für sein Spiel zu übernehmen und die Ballwechsel zu bestimmen – da wird Mentale Stärke sichtbar.
Aber es muss nicht ein Grand-Slam-Finale sein. In unserem Alltag gibt es genung, in denen uns das Leben prüft, ob wir bereit sind, einen Schritt weiter zu gehen. In denen wir uns, unserer Stärken bewusst werden und volle Eigenverantwortung für unser Handeln übernehmen und die Opferrolle ablegen. Wir wollen anfangen uns gesünder zu ernähren, eine neue berufliche Herausforderung angehen oder einfach nur das Mädchen von nebenan zu einem Kaffee einladen. Kontinuierlich Schritt für Schritt mit Mentaltraining.
It´s on you
Leopold
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